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Barestories

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Im Niemandsland

Aus dem Leben gerissen, dem Tod begegnet und nun in einem Niemandsland sind die Menschen angekommen. Das Barambiente lässt eine coole Szenelocation vermuten, was der Verdrängung der letzten Ereignisse erst einmal entgegenkommt. Hier begrüßt sie der Namenlose an der schicken weißen Theke, doch in seinen Flaschen und Gläsern findet sich nur Luft, das große Nichts. So ist seine Rede auch meist nur ein schlichtes, spiegelndes "Ja", was immer ihm die Ankömmlinge zu berichten oder zu fragen haben.

Erst allmählich dringt an die Oberfläche ihres Bewusstseins manch im Leben Verdrängtes. Die Prostituierte hatte sich gerade heute die Belohnung für ihre Dienste am Mann gegönnt: Eine Handtasche für 90000 Euro, die ihr endlich neidische Blicke der Bewunderung garantieren sollte. Die Antiquitätenhändlerin, der vom ihrem stets belächelten und abgewiesenen Verehrer ein Stern geschenkt wurde, gesteht sich erst jetzt ein, dass sie ihn geliebt hat. Ein Schauspielschüler, der in Vorbereitung auf eine Rolle als Terrorist entdeckt, dass er lieber mit Bomben statt mit Worten Veränderungen bewirken will. Ein arroganter Securityman offenbart nur indirekt, dass er sein Ego mit aggressiven Männlichkeitsgehabe und teuren Yachten aufpolieren musste. Ein Partygirl hat Mühe ihren letzten Trip von ihrem jetzigen Aufenthaltsort zu unterscheiden.

Auf den Torbogen, der die Rückwand umrahmt, werden Schwarz-Weiß-Bilder einer Überfahrt im Hamburger Hafens geworfen. Der Fährmann bringt die Menschen auf die andere Seite. Sich überlagernde Projektionen der Darsteller führen im Verlauf des Stückes zu Bildern, die von Veränderung, Verfremdung und Auflösung erzählen. Wie Untote geistern die Gestorbenen auf der Bühne umher. Zu sich stetig wiederholenden Elektrosounds vollführen sie Alltagsbewegungen in geheimer Synchronisation. Alte Menschen sucht man hier vergebens. Um Menschen, die ganz plötzlich den Übertritt vom Leben zum Tod vollziehen müssen, drehen sich die Monologe, die Torsten Diehl geschrieben hat. Diehl zeigte auch in seinen jüngsten Arbeit im Monsuntheater nach "Faust I/II" und Woyzeck" sein außerordentliches Talent für spannende und anregungsreiche Regiekonzepte: eine große Herausforderung für die Darsteller, die allesamt Schauspielstudenten sind.

Birgit Schmalmack vom 14.3.11

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