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Absturz aus dem Blau
Sie darf den Anzug tragen. Sie darf in das grenzenlose Blau aufsteigen. Sie darf den Adrenalin-Kick spüren, den die Geschwindigkeit, die Überwindung der Gefahr und die Entscheidung über Leben und Tod mit sich bringt. Sie hat es als eine der wenigen Frauen in die Riege der Männer geschafft. Sie ist eine Kampfpilotin, die eine F16, ihren "Tiger" fliegen darf.
Wenn sie in ihren Fliegeranzug steigt, fühlt sie sich als Heldin. So sieht sie auch Eric, in den sie sich bei einem Heimaturlaub verliebt. Doch dann wird sie schwanger. Eine neue Rolle für die toughe Powerfrau. Bald passt ihr der Anzug nicht mehr und als sie wieder arbeiten will, versetzt sie ihr Chef in die Wüste von Nevada. „Von der Airforce zur Chairforce“, nennt sie das. Sie wird zu einer Sesselfurzerin, die statt ins Blau aufzusteigen, nun in einem klimatisierten Container in 12-Stunden-Schichten den Joystick für eine Drohne bedient. Soldatin sein und trotzdem abends zu Mann und Kind nach Hause zu kommen, könnte ein Geschenk sein, doch die Vermischung von virtuellen Arbeits- und realem Privatleben wird zu einem immer größeren Problem. Beim abendlichen Gutenachtkuss erscheint ihr ihre Tochter bald so grau, wie ihre Opfer auf dem Bildschirm. Beim Einkaufen entdeckte sie überall Überwachungskameras.
George Brant gelingt es nach eingehenden Recherchen in seinem Stück "Groundend", wie es im Original heißt, viele Ebenen der höchst aktuellen Thematik aufzuzeigen. Die posttraumatische Belastungsstörungen von Soldaten, die losgelöst vom realen Kriegseinsatz mit Drohnen Menschen überwachen und Töten, macht er nachfühlbar. Regisseur Mirko Böttchen zeigt mit seiner Darstellerin Silke Buchholz eine Frau, die ihre anfängliche Begeisterung für ihren gefährlichen und prestigeträchtigen Job als "Heldin" verliert und mit den Abgründen ihrer Tätigkeit konfrontiert wird. Beraubt des Kicks durch das "grenzenlose Blau" wird sie sich gerade in der virtuellen Umsetzung mit der zerstörenden Wirkung ihrer Arbeit bewusst. Früher war sie immer schon weit entfernt, wenn die Bombe explodierte. Ein sehr eindrucksvoller Abend, dem man erheblich mehr Zuschauer bei dem Gastspiel des Berliner Theater unterm Dach im Monsuntheater gewünscht hätte. Heute Abend ist eine letzte Gelegenheit in Hamburg dieses sehr aktuelle, spannende Stück zu sehen.
Birgit Schmalamck vom 13.4.18
Abbildung: Am Boden - Foto: Christine Eibel
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