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Melissa kriegt alles, DT
Against the record, HAU 1
Manifesto, Harake Dance company
Salon 89, Sophiensäle
Gazino Berlin, Heimathafen
Bridge Markland + Gäste: queens + kings, AHA
„Unsere“ Revolutionen?
Zuerst ist Rätselraten angesagt: Welche revolutionäre Person stelle ich dar? Dazu posieren die Schauspielerinnen auf einem der Podeste und ahmen die Posen der früheren Revolutionäre nach.
Doch gibt es heute etwa keine Revolutionen mehr? Sind wir nicht mehr dazu in der Lage aufzubegehren? Sind wir zu bequem geworden? Gibt es mittlerweile vielleicht keine Ziele für einen Aufstand mehr? Sind sie alle schon erreicht?
Die beiden Franzosen (Claude Guyonnet, Anne Sée), die Deutsche (Anna Schmidt) und die Portugiesin (Sara Vaz) kramen in den geschichtlichen Erinnerungen, jeweils in ihrer eigenen Sprache. So wird diese zum Spiegelbild des Erlebten und Erzählten.
Ist denn eine Übersetzung überhaupt von einem Sprachsystem ins andere möglich? Was bleibt auf der Strecke? Dann geht es um ihre eigenen Erfahrungen mit dem Aufbegehren. Die Deutsche erzählt von den Demos, auf den sie mitlief. Die Sympathien für die Kapitalismuskritik, die Zurückhaltung beim Einreihen sind bei den Anderen das Thema.
Dazu werden Bücher gewälzt. Theorien ausgebreitet. Wäre eine Kommune heute wieder möglich? Sollte man nicht ein Manifest entwerfen? Doch worauf einigen? Etwa auf die Liebe, wie Sara vorschlägt? “Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ klinge doch etwas angestaubt. Aber was dann?
Und wie es mit dem Einsatz von Gewalt aus? Ist er gerechtfertigt? Einerseits um die Regierenden aus dem Amt zu jagen und andererseits die Konterrevolutionäre zu beseitigen? Wieder werden die Szenarien in den verschiedenen kulturellen und sprachlichen Zusammenhängen durchgespielt. Auf der Bürobühne, die aber auch eine Kneipenecke und eine Fensterreihe für publikumswirksame Auftritte bereit hält, entwickeln die Vier eine beeindruckende Gedankenvielfalt. Selbst wenn alles in der Sprache dargeboten worden wäre, die man als Zuschauer am besten beherrscht, wären viele Fragen offen geblieben. So, im Hin- und Herswitchen zwischen den verschiedenen drei Sprachen, durfte man als Zuschauer getrost den Mut zur Lücke entwickeln und sich mitreißen lassen von dem nicht enden wollende, gefangen nehmenden Gedankenstrom der Autoren Mickael de Oliveira und Ulrike Syha, den die Regisseurin Anne Monfort perfekt inszeniert hat. Ein beeindruckendes Gastspiel vom Ballhaus Ost, das jetzt auf Tournee durch weitere Städte aufbricht.
Birgit Schmalmack vom 25.1.16
Abbildung: no(s) revolution(s) - Foto (c) Simon Gosselin