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Dialogues des Carmélites, Staatsoper

Dialogues des Carmélites

Seelenvolles Gesamtkunstwerk

"
Blanche der Todesangst Christi", so wolle sich die junge Frau nennen, wenn ihr im Kloster der Karmeliterinnen Aufnahme gewährt werden werde. Sie will vor der Welt fliehen, deren Hektik und Anforderungen sie seit frühester Kindheit ängstigen. Im Kloster hofft sie die Ruhe zu finden, die sie draußen nie erreichen konnte.
Nur wenig Licht lassen die dunklen Wände in das Schwarz-Grau des abgeschlossenen Raumes. Genau die richtige Umgebung für Blanche. Hier braucht sie nur die Begegnung mit Gott und ihren Mitschwestern. Die Priorin erkennt in Blanche eine Geistesgenossin. Auch sie wählte einst diesen Namen. In ihren Todesstunden ruft sie deswegen die jüngste Nonne zu sich. Auch jetzt noch fürchtet sie nichts mehr als den Tod. Blanche kann ihre Todesqualen kaum ertragen, zu sehr bekommen ihre eigenen Ängste unerträgliche Nahrung.
Doch die Ruhe innerhalb der Mauern des Klosters ist gefährdet, um sie herum tobt das Chaos, die französische Revolution ist in vollem Gange. Bald werden die dunkeln Mauern aufgebrochen und durchlässig wie offene Türen, die Polizisten marschieren herein, um die Nonnen zu warnen. Ihre Dienste im Sinne der Kirche sind nicht mehr erwünscht. Ihr Kloster bietet ihnen nicht länger einen Schutz vor der Welt, die Frauen müssen sich ihrer Kopftücher, ihrer weiten Nonnenkleider entledigen, in Unterhemden und mit Glatze stehen sie schutzlos da und breiten ihre Arme schützend vor ihren Körper. Blanche kann fliehen, während die Schwester in den Kerker gebracht werden. Alle werden zum Tode verurteilt. Singend treten sie vor die Guillotinen. Ein Fallbeil fällt nach dem nächsten, auch für Bianca, die sich ihrer Todesangst endlich stellen kann und die letzte Gemeinschaft mit ihrer Schwestern sucht. Zum Schluss ist die Bühne völlig schwarz, die Fallbeile haben alles Licht verschluckt.
Die Musik von Francis Poulenc lässt eintauchen in die Gefühlswelten der Frauen, die hier um ihr Seelenfrieden kämpfen. Sie trägt die Gedanken, Gefühle und Wünsche, Sehnsüchte und Ängste der Frauen in höchste Höhen und begleiten sie in dunkle Tiefen. Sie unterstützt die ganze Breitbreite ihres Ringens mit dem Leben und dem Tode. Die konzentrierte, unaufgeregte und reduzierte Inszenierung von Nikolaus Lehnhoff verhilft der leider selten gespielten Oper in dem Bühnenbild von Raimund Bauer zu wunderschönen Bildern, die mit der transparenten, gefühligen Musik zu einem Gesamtkunstwerk verschmelzen, in dem sich kein Bestandteil in den Vordergrund spielt. Das wird dadurch unterstrichen, dass alle Sängerinnen ihre Rolle in dem Gemeinschaft der Karmeliterinnen spielen. So beeindrucken alle auf ihre auf ihre Weise: die alte mit dem Tod ringende Priorin (Doris Soffel), die neue warmherzige "Mutter" (Emma Bell), die strenge Schwester Maria (Katja Pieweck), die fröhliche, lebensvergnügte Constanze (Christina Gansch) und nicht zuletzt die junge, verängstigte und innige Blanche (Hayoung Lee).
Birgit Schmalmack vom 7.5.17

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