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Clockwork Orange

Abbildung: Die Droogis (Sven Fricke, Philipp Weggler, Manuel - by Joachim Hiltmann

Clockwork Orange, Altonaer Theater



Jugendliche Krafteruptionen

Ey, was ist denn jetzt angesagt? Keine Frage: Bei Alex und seinen Droogis ist nach dem Einwurf von einer Moloko-Milch mit Zusatz immer Aktion angesagt. Sie finden den Kick in der Gewalt. Sie kanalisieren ihre jugendliche Energie im Fertigmachen von Menschen, die sie nichtsahnend in ihren gutbürgerlichen Häusern überfallen. Mal wird einer zusammengeschlagen, mal vergewaltigt, mal umgebracht.
Während ihrer Gewaltexzesse läuft Beethovens Neunte. Denn Alex liebt Ludwig. Seine Musik öffnet ihm für kurze Momente den Himmel. In ihren schicken Goldknöpfchenuniformen und den blonden Strähnchenfrisuren sind die drei Malschicks kein Abbild von heruntergekommenen Straßenjungs. Sie bedienen sich bürgerlichen Umgangsformen, um sie dann böse zu brechen.
Der Arm des Gesetzes bringt Alex zunächst in den Knast und dann in die Psychiatrie. An ihm soll eine neue Methode der Resozialisierung ausprobiert werden. Gewalt wird fortan bei ihm Übelkeit und Erbrechen auslösen. Mehr Maschine als Mensch wird er entlassen. Sein freier Wille zur moralischen Entscheidung ist ihm genommen. Er ist zum Roboter degradiert und für einen normalen Umgang mit seinen Mitmenschen erneut untauglich. Erst nach einem Kurieren von der Kur ist er wieder er selbst und kann seinen eigenen Weg frei wählen.
Regisseur Harald Weiler hat die schwierige Aufgabe der angemessenen Inszenierung des Stoffes von Anthony Burgess mit Bravour gelöst. Das Bühnenbild von Lars Peter zeigt einen weißen schneckenförmigen Raum, der von schwarzen Säulen flankiert wird. Weiler überführt die Gewaltszenen durch stilisierte Schattenspiele und Kampfchoreographien (Anglea Guerreiro) in eine abstrakte Ebene, die ohne spritzendes Blut auskommt und dennoch alles deutlich macht. Die Stilisierung ermöglicht ein Nachdenken über Aggression und Moral, über Gesellschaft und Jugend, über Gut und Böse. Sven Fricke schafft es in der Rolle des Alex, dass er trotz seiner Gewaltexzesse nie die Sympathie des Publikums verliert. Das Ensemble deckt in stetigem Rollenwechsel alle übrigen Charaktere ab. Ein absolut sehenswertes Stück im Altonaer Theater.
Birgit Schmalmack vom 25.9.11

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Abendblatt

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