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Ein Ungenügend im Leben
Wie schwer es ist zu akzeptierten, dass es kein Zukunft mehr im Leben gibt, weil das Ende nahe ist, kann Elfriede Jelinek in überzeugend deprimierende Worte kleiden. Ihr Vorbei ist "knapp daneben", aber "eben auch vorbei". Zu ahnen, dass wenn es Zensuren für das Leben geben würde, man eher eine Ungenügend verdient hätte, hebt nicht die Stimmung für die Winterreise des Lebens. Jetzt im Scheitern einen Zugang zu sich selbst zu finden, können auch nur noch Lebensratgeber versprechen. Elfriede Jelinek zieht in ihrem Abgesang zur Schuberts Winterreise eine schonungslose Bilanz des Alters. Das Vorbei wird zum ständigen Begleiter der restlichen Jahre. Der Mensch wird zum Abfall, alles fällt von ihm ab. Wer nicht lebt, der fängt an zu rechnen: Wie viel Zeit bleibt mir noch? Nie in der Gegenwart zu sein und dennoch keine Zukunft zu haben, bereitet einen Schmerz, der sich nur noch in mäandernden Halbsätze äußern kann. Ein Mann, der von seiner Familie ins Heim abgeschoben wird, ist am Ende angekommen. Der Verrückte wurde an einen fremden Ort verrückt und verliert dort die Reste seines Selbst.
Was macht man, wenn man zu alt für einen Sport, für den man jung sein muss? Wie erträgt man es, dass der Körper ständig stopp ruft? Aufbegehren statt begehren ist jetzt angesagt. Mit der Jelinek typischen Selbstironie sagt sie: Ich bin ein Nichts, ich bin eine Frau mit der alten Leier, die keiner mehr hören mag.
Sophie Rois hat nur einen Plattenspieler, ein Stehpult und einen Hocker auf der Bühne im kleinen Saal der Elbphilharmonie. Sie liefert Jelinek pur. Sie hält sich mit der eigenen Interpretation stark zurück. Sie stellt sich ganz in den Dienst des Textes. Fast ohne Gestik und mit wenig Mimik liest sie den Text vor und stellt zwischen durch immer wieder den Plattenspieler selbst an, um ein weiteres Lied von Julius Patzak aus der Winterreise vortragen zu lassen, dass für den kommenden Textabschnitt von Jelinek den Ausgangspunkt bildete. Birgit Schmalmack vom 23.11.17
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