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Allgemein:
Melissa kriegt alles, DT
Against the record, HAU 1
Manifesto, Harake Dance company
Salon 89, Sophiensäle
Gazino Berlin, Heimathafen
Bridge Markland + Gäste: queens + kings, AHA
Psychologisches Drama
Sue sitzt zusammen gekrümmt unter dem grellen Scheinwerfer. Streng sind die bohrenden Fragen der Polizeibeamten. Wie konnte die Situation nur so eskalieren? Wie konnte alles so katastrophal enden, obwohl sie nur Gutes tun wollte? Sue weiß keine Antworten. Rückblende!
Wäre sie nur so wie die anderen! Das sagt sich Carrie jeden Tag, wenn sie von den anderen in der Schule gemobbt und zur Außenseiterin erklärt wird. Ob nun "Betschwester" oder "Scarrie", sie ist ausgestoßen. Carrie wächst in einer Parallelwelt auf. Ihre strenggläubigen Mutter wacht mit Argusaugen darüber, dass ihre Tochter sich genau an die vermeintlich von der Bibel aufgestellten Regeln hält. "Du bist nicht wie die anderen!", redet sie immer wieder auf sie ein. Sie tut das aus Sorge, denn sie will ihrer Tochter ihre eigene Schande ersparen. Denn ihre uneheliche Tochter Carrie ist der lebende Beweis ihrer weiblichen Schwäche. Vielleicht hat ihre Mutter instinktiv sogar recht ? Hat ihre sündige Entstehung ihr etwa satanische Kräfte verliehen? Carrie bemerkt erstaunt, dass sie einzig Kraft ihrer Gedanken Menschen und Dinge beeinflussen kann. Carrie flüchtet sich in die einzige Schutzraum, den sie kennt, heim zu ihrer Mutter und in die noch strengere Einhaltung aller Regeln.
Doch dann eröffnet sich einen neue Möglichkeit. Vielleicht könnte sie doch so sein wie die anderen? Sue hat ihren Freund Tom aus Mitleid überredet statt mit ihr mit Carrie auf den Abschlussball zu gehen. Carrie ahnt einen Ausweg aus ihrem Gefängnis. Du hast keine Macht mehr, verkündet sie ihrer Mutter. Sie näht sich ein Abendkleid, sie schminkt sich und bekommt tatsächlich Komplimente. Alles scheint aufzugehen, die düsteren Prophezeiungen ihrer Mutter scheinen sich nicht zu erfüllen. Doch dann wendet sich das Blatt. Eine von Rachegelüsten getriebene Mitschülerin, die zur Strafe für die Mobbereien an Carrie vom Ball ausgeschlossen wurde, bringt die Katastrophe ins Rollen, in dessen Verlauf Carrie ihre Zauberkräfte nicht mehr unter Kontrolle halten kann und Sue die einzige Überlebende sein wird.
Das First Stage Theater hat mit dieser Inszenierung nach dem Roman von Stephen King durch das Team aus Dennis Schulze, Regisseur und musikalischem Leiter Felix Löwy und dem Choreografen Phil Kempster eine voll ausgereifte Musical-Produktion auf die Bühne gebracht, die sich in der Musicalstadt Hamburg sehen lassen kann. Hier stimmt einfach alles. Die düstere Bühne, die sich mit wenigen Veränderungen von dem Klassenraum, der Sporthalle der Highscool in die dunkle Stube von Carrie und ihrer Mutter verwandeln lässt, bietet den perfekten Ort für die dramatischen Ereignisse. Die Pubertätsgeschichte, die sich so harmlos und bekannt anfängt, entwickelt sich zu einem mitreißenden Strudel für den unaufhaltsamen Absturz. Die vielen, psychologisch geschickt ineinander verwobenen Einzelschicksale werden von den Darstellern äußerst glaubwürdig gespielt. Besonders eindrucksvoll gelingt das (neben der erfahrenen Vollprofi-Darstellerin Maya Hakvoort als Mutter) Lorena Dehmelt als Carrie, die ihren Entwicklungsprozess nicht nur stimmlich sondern auch schauspielerisch glaubwürdig interpretiert.
Birgit Schmalmack vom 17.7.19
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