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Endlich frei



"Ugly", so nennt sich Raja Feather Kelly selbst. Doch damit meint er nicht hässlich im herkömmlichen Sinne, sondern von einer Mehrheitsgesellschaft ungesehen und nicht anerkannt. Jedenfalls nicht als das, was er ist. Er sieht sich als Alien. So steckt er in einem braunem Ganzkörperanzug mit aufgenähten dicken wulstigen roten Lippen. Um seinen Leib hat er eine lange blaue Tüllschleppe geschnürt und probt so den großen Auftritt. Er schreitet über die Bühne und hebt die Arme. Inmitten einer wohl ausgeleuchteten blauen Bühne vor einer Breitwandleinwand theatralisch in die Höhe. Dass Kelly von der Popkultur fasziniert und geprägt ist, zeigt er durch seine Bilderauswahl, die über die Leinwand huscht, sehr deutlich.
In seinem letzten Teil seiner Ugly Solo Trilogie "Blue" geht er gezielt diesen verschiedenen Prägungen nach. Seine Spurensuche ist dazu in vier Teile unterteilt, die mit Zahlen überschrieben sind. In "XXXVII" flimmern Filmvorbilder über die Leinwand. Im nächsten Teil, der "XXVII" überschrieben ist, greift er zu einer Rüstung und einem Schwert. Im dritten Teil mit der Überschrift "XVIII" wird er selbst zu einer Figur in einem Computerspiel und ruckelt in scheinbar fremdbestimmten Bewegungen über die Bühne. Im letzten Teil "III, II, I" scheint er bei seinen Ursprüngen und seinem Zuhause angekommen zu sein. Er entschwebt mit einem Bühnenlifter in die Höhe des Bühnenhimmels und wieder herunter, um es sich dann auf seiner Chaiselongue gemütlich zu machen. "The alien will not perform", hat er sich und dem Publikum zuvor minutenlang geschworen. Seine Absage nach die Erfüllung der Erwartungen, die an ihn gestellt werden, macht ihn endlich frei und angekommen.
Birgit Schmalmack vom 26.8.22