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Wo ist dein Hafen?



Zunächst stehen die Performer an der Brüstungskante des Baakenhafens und winken den Zuschauerinnen zu. Später wird die eine Hälfte von ihnen schon die Brücke überquert haben und den Zurückgebliebenen auf der gegenüberliegenden Elbarm-Seite zuwinken. Denn es geht bei "Port à Port" um Grenzen und deren Überwindung. Dennoch mussten die Ensemblemitglieder aus Lomé bis einen Tag vor ihrer Abreise nach Hamburg noch auf ihr Visum warten. Davon berichten sie gleich zu Beginn. Doch nun sind sie hier in Hamburg und arbeiten in dem gemischt nationalen Team zum Thema Hafen. Ihr Ergebnis zeigen sie im Rahmen des Sommerfestivals.

Eigentlich sieht sich doch der Hamburger Hafen gerne als Tor zur Welt. Doch wo ist dieser Hafen in der Hafencity? Dieses geleckte Neubauviertel mit all seiner hoch aufragenden Hochhausfassaden und Bürogebäuden hat alle Elemente, die die schmutzigen Arbeiten, die sich in einem Hafen normaler weise abspielen, bewusst ausgegliedert. Statt Hafenkräne sieht man hier nur Baukräne. Das transnationale Theaterprojekt von Compagnie Artistique Carrefour und X Perspektiven wird im Laufe des Abends viele Fragen stellen, und zwar sich selbst und auch den Teilnehmenden ihrer Erkundungstour durch eine kleinen Ausschnitt der Hafencity direkt am Baakenhafen.Was verbindest du mit dem Hafen? Hast du Erinnerungen an bestimmte Erlebnisse im Hafen? Wie kommt der Hafen in deinen Alltag? Das klingt mehr nach Selbsterfahrungsseminar als nach dem angekündigten Rechercheprojekt. Als die Frage gestellt wird, warum auch die Vergangenheit gerade dieses Ortes so gut kaschiert bleibt, könnte es interessant werden. Schließlich wurde die Tatsache, dass hier die Woermann-Linie für den Deportation vieler Menschen sorgte, geschickt überbaut. Doch es bleibt bei der Fragehaltung. Die von einer weiteren gefolgt wird: Wie können wir hier eine Zukunft haben, wenn wir uns nicht mehr der Vergangenheit beschäftigen? Doch auch dies bleibt leider nur eine Frage unter vielen an diesem Abend. Keine von ihnen wird vertieft. Das bleibt die Aufgabe für die Teilnehmenden. Wie bei jeder guten Selbsthilfegruppe gibt es also auch hier eine Hausaufgabe bis zum nächsten Mal.
Birgit Schmalmack vom 17.8.22