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Hauptsache kein Mitleid


Eigentlich will Driss sich nur die Unterschrift unter dem Papier des Arbeitsamtes abholen, doch Philipe setzt stattdessen eine unter seinen Arbeitvertrag. Kenntnisse für die Pflege eines Querschnittsgelähmten hat Driss zwar nicht vorzuweisen, stattdessen beeindruckt er ihn mit seiner mitleidloser Unverblümtheit. Dem Adligen gefällt genau das und deshalb engagiert er Driss, der aus seinen Vorurteilen keinen Hehl macht.
Statt Vivaldi hört Driss nur 2 Pac, Kunstgegenstände sieht er nur als mögliche Hehlerware. Die Beiden trennen Welten. Der reiche Adlige und der mittelose Migrant, der gerade aus dem Knast kommt, hätten sich unter anderen Umständen wohl nie kennengelernt, doch nun werden sie „Ziemlich gute Freunde“. Driss sieht ihn einfach als Kumpel und nicht als Behinderten. Ihm fehlen zwar etliche Benimmregeln, aber er hat das Herz auf dem rechten Fleck. Er heitert ihn nicht nur mit einem Joint sondern auch mit der Bestellung einer Prostituierten auf. Er setzt ihn in seinen Masarati und fliegt mit ihm in den Urlaub.
Christian Dobler ist der ideale Darsteller für die Rolle des Underdogs, der dem reichen Philipe Arme und Beine ersetzt. Murat Yeginer ist in dessen Rolle ganz auf seine Mimik und Stimme angewiesen und schafft es überaus überzeugend, ihm ein würdiges Gegenüber zu sein. Die Inszenierung im Ohnsorg Theater unter der Regie von Milena Paulovics ist ein voller Erfolg. Das auch an der gelungenen Interpretation der Nebenrollen. Oskar Kekelhut und Lara-Maria Wichels sorgen mit ihrem hintersinnigen Spiel für gute Laune. Herzliches Lachen und angeregtes Nachdenken sind an diesem Abend kein Gegensatz.
Birgit Schmalmack vom 4.10.21