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Zur Kritik von |
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Terror, Deutsches Theater |
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Spannendes Rollenspiel
Die Zuschauer dürfen an diesem Theaterabend Richter spielen. Zum Schluss sollen sie entscheiden: Schuldig oder unschuldig. Durch welche Tür sie den Theatersaal nach der Pause wieder betreten, entscheidet über den Schuldspruch von Lars Koch (Timo Weisschnur), Major der Luftwaffe. Darauf ist er stolz: In Deutschland gebe ein weniger Kampfjetpiloten als Herzspezialisten. Er ist einer davon. Er darf den Eurofighter. Als Soldat ist er dem deutschen Volk verpflichtet, er hat geschworen es zu schützen, notfalls mit dem Einsatz von Leben. Doch genau dafür muss er sich vor dem Gericht des Deutschen Theaters verantworten: Er hat ein von einem Terroristen entführtes Lufthansaflugzeug mit seinen 164 Insassen abgeschossen, um ein Attentat auf das voll besetzte Münchner Olympiastadion zu verhindern. 164 gegen 70000 Leben hat er abgewogen und geopfert. Dafür wird er nun des Mordes angeklagt. Zu Recht? Die Zuschauer des heutigen Abends werden ihn am Schluss mit 270 zu 207 Stimmen freisprechen. Sie sind also der Argumenten der Verteidigerin (Aylin Esener) gefolgt, die die Moral über die Prinzipien stellte. Doch wie verlässlich ist eine Gewissensentscheidung eines Einzelnen? Ist diese individuelle Moralauffassung nicht anfällig und beeinflussbar? Könnte das Festhalten an Prinzipien dagegen Halt geben? Lars Koch hat sich nur auf sein eigenes Gewissen verlassen; er hat gegen den Befehl des Verteidigungsministers gehandelt, der einen Abschluss nicht erlaubte. Die Staatsanwältin (Franziska Machens) wollte dagegen keine Aufrechnung von Menschleben. Sie erinnerte an die Menschenwürde jedes Einzelnen. Ein Mensch dürfte nicht zu einem Objekt und nicht zu einer Waffe degradiert werden. Für die Verteidigerin lag genau darin aber die Botschaft der Entscheidung der Bundesverfassungsgericht: Indem es einen Abschluss nicht für verfassungsgemäß hielt, lieferte es die Bürger den Terroristen aus; sie werden durch die Gerichtsentscheidung zu Objekten degradiert. Ferdinand von Schirach hat aus diesem Rechtsfall ein Theaterstück mit Zuschauerbeteiligung gemacht. Das schnurrt als juristische Denkschulung ab. Die Schauspieler sind Rollenfiguren in einem klar definierten Rahmen. Da hat der Regisseur wenig zu tun. Hasko Weber gab sich dennoch große Mühe aus diesen Vorgaben einen optisch und dramaturgisch interessanten Theaterabend zu gestalten. Die Betongefängniszelle (Bühne: Thilo Reuther) auf der Bühne wird in einem Dauervideoclip mit Bildern geflutet, die von elektronischen Beats auf Tempo getrimmt werden. Er lässt die Protagonisten des Prozesses überraschend in dem Bildergeflimmer auf- und abtreten. Juristisch-philosophisches Rollenspiel auf großer Bühne, - mehr wird es dadurch auch im Deutschen Theater nicht. Es ist zwar argumentativ spannend, professionell umgesetzt und intellektuell anregend, aber braucht deshalb vielleicht nicht unbedingt eine Staatstheaterbühne zu Realisierung. Birgit Schmalmack vom 23.10.15
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