portrait of myself as my father

Portrait of myself as my father


Laute Musik und anfeuernde Begrüßungsformeln empfangen die Zuschauer zu "portrait of myself as my father". Eine Arena ist in der Mitte des Sophiensaals aufgebaut. “The African must be freed from the African”, lädt Nora Chipaumire ihre Zuschauer in die Arena ein. Sie hält die Autorität des Mikros in der Hand. Wenn sie spricht, übertönt das eventuell sogar die Musik, die dröhnend aus den Lautsprechern kommt. Während Chipaumire die Aufmerksamkeit so auf sich zieht, positioniert sich ein fast nackter Mann (Pape Ibrahima Ndiaye) auf einem Podest. Er zeigt seine Muskeln, stellt seine Männlichkeit aus, ab und zu ertönt ein Schnaufen von ihm, wie in der Vorbereitung auf einen schweren Kampf.
Chipaumire gibt in einem Dauerfluss Sätze von sich. Oft sind sie nicht zu verstehen, denn sie gehen im Beat der Musik unter. Doch soviel wird klar: Es geht ihr um das kolonialisierte Bild des afrikanischen Mannes. Ganz nebenbei wird dabei auch die Genderfrage berührt. Denn sie tritt in dieser Arena als kampfesbereite Frau mit Schulterpolstern und Boxbandagen auf. Ihre trippelnden Schritte erinnern an die eines Boxers, der ständig auf der Hut ist.
"Was macht jemandem zu einem Mann, zu einem schwarzen Mann, zu einem afrikanischen schwarzen Mann?" fragt sie sich und ihre Zuschauer. Chipaumire wird an Ndiaye demonstrieren, was einen black african man charakterisiert. Sie empfiehlt ein Zehn-Punkte-Programm mit Schritten wie “learn to swag,” “make it look natural,” “slow way down”. Das Endprodukt ist ein Furcht einflößender Kampfdrachen, der Zähne bleckend die ersten Reihen erschrickt. Ein Klischee-Bild des unzivilisierten afrikanischen Urmenschen, einem Tier ähnlicher als dem homo sapiens, also das einstige Legitimierungsbild der Weißen zur Kolonisierung.
Nach dieser Vorbereitung schickt sie ihn in den Kampf. Sie treibt ihn an, bietet sich als Sparringspartner an, feuert ihn an, lässt ihn sich bis zur totalen Erschöpfung verausgaben und ihn schließlich doch unterlegen sein. "If you cannot fight you have to run", ist nun ihr Ratschlag an den Verlierer.
Nach diesen lautstarken Demonstrationen folgt zum Schluss ein überraschend leises und starkes Bild: Nach einem Black trägt Chipaumire Ndiaye auf ihrem Rücken. Er symbolisiert nun ihren Vater, der stets abwesend war und sie dennoch geprägt habe. Sie versucht sich von dem belastenden Image des schwarzen Mannes zu befreien, sie versucht es zu tragen, um es hinter sich zu bringen, um es unter Kontrolle zu bekommen.
Chipaumire erschafft in einem Mix aus Pop-Kultur, "Afro-Dance" und Ethno-Kitsch eine unterhaltsame Kulisse. Sie will ihre Zuschauer ködern. Mit den zwei Tänzern, die mit ihr auf der Bühne sind - alle drei unbändige Energiebündel - erschafft sie eine Show, in der ständig etwas passiert. Doch es geht ihr nicht ums Wohlfühlen. In diesem Event-Rahmen spielt sie mit den Klischeebildern vom schwarzen Mann. Indem sie sie ausstellt, will sie sie hinterfragen. Die Attribute, die sie dabei wählt, sind allerdings äußerst plakativ. Sie wiederholt schlicht die unglaublich platten der einstigen Kolonialherren und will so den Zuschauern einen Spiegel vorhalten. Doch sie bleibt leider an diesem Abend auf der demonstrativen Ebene und macht es damit ihren Zuschauern zu einfach, den Abend all zu schnell ad acta zu legen.
Birgit Schmalmack vom 20.8.18



Zur Kritik von

nytimes 
new yorker 
 



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Pasionaria, HAU