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Dieses Motto hatte Beethoven seiner Großen Fuge vorangestellt. Klare Bindung an die strenge Form bei gleichzeitigem kreativen Spiel mit dieser. Genau so gehen Nico and the Navigators zusammen mit dem Kuss Quartett bei ihrem Beethoven Abend Force and Freedom mit seinen Werken um. Dazu steht auf der Bühne vor einer leicht gerundeten Projektionsfläche eine halbrunde Bank, die zu einer Schaukel werden kann, wenn man sie auf die Seite legt. So wahren die sieben Performer:innen auf der Bühne stets die Balance zwischen Zwang und Loslassen, zwischen Macht und Freiheit, zwischen Bewegung und Innehalten. Dem Rhythmus der Musik lauschen, ihn aufnehmen, sich bewegen lassen, aber auch gezielte Irritationen setzen. Beethovens Musik steht dabei klar im Mittelpunkt. Die vier Musiker:innen des Kuss Quartetts sind Bestandteil der Bühneninszenierung. Barfuss in schwarzer Kleidung interpretieren sie die Musik ohne Notenständer und ohne festen Platz. Einmal sitzen sogar zwei von ihnen oben auf den beiden Enden der Schaukelbank, während sie ihr Streichinstrument spielen. Die Tänzerin Yui Kawaguchi setzt dazu mit ihren grazilen Choreografie die Musik in den Raum fort. Mal mit sanften Schwüngen, mal mit kantigen breakdanceartigen Bewegungen und mal mit spitzbübischen Schalk. Dann taucht sie ihr Gesicht und ihr Haare in weißes Puder und umstreicht anschließend die Beine der Musiker;innen wie eine Katze und hinterlässt ihre weißen Spuren auf deren schwarzer Kleidung. Auch die beiden Performer Ted Schmitz und Patric Schott tauchen mit Beethovens gesprochenen oder gesungenen Botschaften zwischen dem Quartett auf und steuern neue Anregungen zu seinem Schaffensprozess bei. Sie erzählen von der künstlerischen Sehnsucht nach Autonomie, während doch die Hinnahme von Zwängen für den Künstler unumgänglich ist. Diese zerrissene Situation, die fraglos Einfluss auf jede Arbeit nimmt, wollten Nicola Hümpel und Oliver Proske in Force & Freedom untersuchen. Dazu nehmen sie die Musik sehr ernst und spielen doch liebevoll mit ihr. Nach der Pause wird die Begegnung noch assoziativer, denn auf der Leinwand werden die Videotagebücher der Mitwirkenden aus dem Lockdownjahr gezeigt. Denn diese Arbeit brauchte einen sehr langen Atem. Immer war sie wieder durch pötzliche Lockdowns der Bühnen auf Eis gelegt und erforderte neue Formen der Zusammenarbeit. So erkunden sie auch in dieser Hinsicht, wie Musik über diese räumlichen Trennungen hinweg Verbindungen schaffen kann. Diese Beethoven-Begegnung der intelligenten, spielerischen Art wurde so zu einem wunderbar zärtlichen, poetischen und hochmusikalischen Abend, der Einfühlung jenseits der herkömmlicher Konzertebene ermöglichte.
Birgit Schmalmack vom 24.4.22
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